KlassikAuto Berlin

Geschichten aus einer Oldtimergarage und dem historischen Motorsport



Wer automobiles Kulturgut verfälscht, kopiert oder nachahmt…

von M.Pohle am 20. August 2011

... 85er Gummilippe, retrofiziert auf Fastback 70-82

Eine gut verpackte »Fälschung«...

2011 ist das Jahr der Plagiate. Ich möchte nicht auf die geistigen Diebstähle deutscher Politiker im Detail eingehen. Vielmehr waren sie ein Anlass für mich, einmal in meinem Keller nachzuschauen, ob sich dort nicht gleichfalls eine Leiche befindet. Natürlich bin ich fündig geworden. War doch klar.

Bevor ein großer Aufschrei durch die Oldtimerszene geht, und man mir mit erhobenen Zeigefinger empört zuruft: »Wie kann man nur…!«, möchte ich meine Sünde der Vergangenheit gestehen. Ja, ich habe automobiles, italienisches  Kulturgut verfälscht und kopiert. Sogar bewusst und ungeniert.

Und das kam so…

Ende 2001 bis Frühjahr 2003 beschäftigte ich mich mit einem Alfa Romeo. Einem Auftragsprojekt. Die in Kennerkreisen eher unbeliebte Variante eines 85er Alfa Spider, auch Gummilippe genannt, sollte auf die frühe Karosserieform von 1970-82 umgebaut werden. Es war von großem Vorteil, das die Masse der  benötigten, sehr teuren Umbauteile wie Stoßstangen, Signaleinrichtungen und Rückleuchten zu Beginn der Arbeiten bereits vorhanden war. Das Auto verfügte über eine gute Grundsubstanz, aber wirtschaftlich war der Umbau nicht empfehlenswert. Vielmehr stand der Auftrag unter emotionalen Aspekten seitens des Eigentümers, weil es ein Erbstück war. Zusätzlich zum Karosserieumbau wurden am Fahrzeug nach sehr langer Standzeit einige Technikkomponenten überholt. So erhielt der Alfa z.B. einen von einer Rennsportfirma revidierten Motor. Das Gesamtprojekt betrachtet, wurde das Auto sehr aufwendig instand gesetzt, aber nicht komplett restauriert.

Opferbleche

Ich begann den Umbau mit der Frontpartie. Der Schwierigkeitsgrad für den Frontumbau war nicht besonders hoch, jedoch aufgrund vieler kleiner Einzeländerungen sehr arbeitsintensiv. Die Änderungen der Stoßstangenaufnahmebleche war zunächst einmal zwangsläufig. Zusätzlich mussten die Luftzuführungsbleche für den Kühler, die Haltewinkel für das Frontunterblech sowie die Radhausschottwände geändert werden.
Der einzige, etwas komplizierte Arbeitsgang, war die Umgestaltung der vorderen, unteren Kotflügelübergänge zum Frontunterblech. Mit lieferbaren Reparaturblechen und ein wenig Fingerspitzengefühl lies sich dies aber gut bewältigen. So konnte ich darauf verzichten, die teuren Kotflügel auszutauschen..
Selbstverständlich wurden die typischen, kleineren Rostschwachstellen im Vorderwagenbereich der Nordtypen im Zuge des Umbaus ebenfalls gleich mit beseitigt.

Wesentlich schwieriger gestaltete sich der Umbau auf die ältere Karosserieform im Heckbereich. Dafür mussten die Abschlüsse der Seitenteile im Bereich der Rückleuchten geändert werden. Die Seitenteile sind aufgrund fehlender Verstärkungen und Größe über den Radläufen und der Sicke ohnehin schon sehr strukturschwach. Viele  Spiderfahrer werden aus eigener Erfahrung zustimmen, das selbst kleine Parkrempler an der falschen Stelle zum Verzug des Heck- und Radlaufbereiches führen.
Besonders gefährdet beim Schweißen ist die mittlere Sicke. Sie neigt schnell zu Verzug, wenn die Arbeit fehlerhaft ausgeführt wird. Das Endergebnis erscheint dann wellig. Perfekt ist das Desaster, wenn anschließend noch ein falsches Händchen und Fehler beim Verzinnen der Schweißnaht hinzukommen.

Die braunen Flecken sind das Ergebnis fehlerhafter Vorarbeit beim Verzinnen

Das Werk eines Profis

Der Umbau im hinteren Bereich war bei der Anlieferung des Alfa Spider bereits begonnen worden. Ich nannte das Ergebnis »das kalte Grausen, hervorgerufen durch ein renommiertes Berliner Autohaus«. Die ausgeführte Arbeit war so schlecht, dass es nichts mehr zu retten gab. Also erhielt das Auto von mir zwei neue Seitenteile und neue Heckabschlussbleche. Auch im hinteren Bereich beseitigte  ich einen »klassischen« Schwachpunkt der Nordreihe und erneuerte deshalb die Reserveradwanne.

Wie viele andere Fahrzeuge der achtziger Jahre, neigte dieser Alfa dazu, das sich der Unterbodenschutz an vielen einzelnen Stellen angelöst hatte und es dort zu Anrostungen gekommen war. Nachdem ich die Achsen und alle restlichen, störenden Teile entfernt hatte, befreite ich den Boden bis auf das blanke Blech von seinen Beschichtungen. Die Roststellen wurden sandgestrahlt. Danach erfolgte eine erste Grundierung mit Epoxydprimer. Ursprünglich waren die Unterböden bei Alfa Romeo durch eine Tauchbadlackierung mattschwarz. Um den Originalzustand wieder zu erreichen, erhielt der Alfa nach einer Zwischengrundierung eine matte, schwarze Acryldecklackierung. Auf Kundenwunsch trug ich im letzten Arbeitsgang passend zur späteren Wagenfarbe eine hellgraue Steinschlagschutzschicht auf.

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