KlassikAuto Berlin

Geschichten aus einer Oldtimergarage und dem historischen Motorsport



Wie es bei mir begann

von M.Pohle am 21. Juni 2011

Ich war 21 als ich meinen Führerschein gemacht habe. Ziemlich spät für jemanden aus meiner Generation. Zumal auch der Genuss des Zweiradfahrens in meiner Jugend an mir vorbeigezogen ist. Kein Fahrrad, kein Mofa, kein Roller. So wie es für die damalige Zeit in der Phase des Erwachsen werden unüblich war. Wenigstens war es mir als gebürtigem Berliner vergönnt, auf der Seite der Stadt zu leben, die mir erlaubte, meine späteren automobilen Freuden frei ausleben zu können.

"Straßenschrauber-Set"

Mein erster fahrbarer Untersatz war ein 1972er Kadett B.  Eine zweitürige Limousine in der Farbe rot. Ich erinnere mich gerne mit einem Schmunzeln an das gute Stück. Es verbrauchte derart wenig Benzin, dass ich mich noch heute frage, ob sich in seinem Aufbau eine Kraftstoffwiederaufbereitungsanlage versteckt hat. Ich hätte sie auch nie gefunden. Es wäre die revolutionierende Patentidee gewesen. Schade.

Bewaffnet mit der Kultfibel für Menschen, die Dinge gerne eigenhändig  anpacken, »Jetzt helfe ich mir selbst«, unternahm ich meine ersten Schritte im weiten Spektrum der KFZ- Instandhaltung. Es kam mir nur zu Gute, dass ich bei einem renommierten, deutschen Weltkonzern eine Ausbildung zum Betriebsschlosser absolviert hatte. So lernte ich, dass man Schraubendreher nicht schief ansetzt oder sich gar mit dem Hammer ständig auf die Finger haut. Der Grundstock für eine handwerkliche Karriere war gelegt. Und die ersten Erfolge beim Zündkerzenwechsel machten Lust auf mehr.


Es folgte ein Käfer-Cabrio. Typ 1303. Wieder in der Farbe rot. Jung und unerfahren wie ich war, stand mein erstes automobiles Desaster auf der Straße vor der Wohnungstür. Es war der Fehlkauf meines Lebens! Ausgestattet mit den ersten Erfahrungen des »Schraubens« blieb mir nichts anderes übrig, als aus dem Schrotthaufen ein richtiges Auto zu machen. Einen Winter verbrachte ich in der Werksatt der Firma, wo meine Mutter arbeitete. Der Chef hatte mir freundlicherweise diese Möglichkeit angeboten. Versehen mit neuen Blechteilen, zaghaften Schweißversuchen im Karosseriebereich und  kleinen technischen Instandsetzungen, erstrahlte am Ende meiner ersten »Restauration« ein wieder genesendes Cabrio in strahlendem schneeweiß. Breite Reifen und ein Sportluftfilter kündigten die bevorstehenden, wilden Zeiten an. Leider hatte ich an meinem guten Stück nicht lange Freude. Zwei Monate nach dem ich das Auto fertig gestellt hatte, setzte es meine damalige Freundin in einem gekonnt gezirkelten 180° Halbkreis beim Verlassen einer Parkplatzausfahrt gegen eine Häuserwand. Aber ich war jung und blieb vom Bazillus des Tuning nicht verschont.

Ein Rüsselsheimer folgte als Ersatz auf meine wohl größte Jugendsünde. Raten Sie in welcher Farbe. Natürlich in rot. Und was für einer! Ein 1972er Rekord D Coupe Sprint. Breite Schlappen, Verbreiterte Kotflügel, Commodore- Hinterachse, Doppelvergaser, hochgestreckter Hintern. Ganz nach meinem damaligen Geschmack. Auf dem Küchentisch entstand der erste, in Eigenregie generalüberholte Motor, den ich natürlich gründlich »vermasselt« habe. Denn am Ende besaß das biedere Opeltriebwerk satte 60 PS mehr und fuhr  über 200 km/h schnell. Die nachbarschaftliche Freundschaft zu einem KfZ-Meister erwies sich als überaus lehrreich für mich. Gut geschult, erweiterte sie  fundiert und schnell mein Wissen rund um die Automobiltechnik.

Zur damaligen Zeit lebte ich in einer Gegend, in der jeden Nachmittag nach Feierabend fleißig auf der Strasse gebastelt wurde. Vor jedem Mietshaus sah man jemandem, der, wie auch immer, sich mit seinem Auto beschäftigte. Eine Erscheinung, die heute vollständig aus dem Berliner Stadtbild verschwunden ist. Somit gehörte ich einer mittlerweile vermutlich ausgestorbenen Generation an. Ich war ein Straßenschrauber!
Sieht man einmal vom Ärger mit der Lebensgefährtin ab, die sich mit verdrehten Augen und warnend erhobenen Zeigerfinger missmutig  von mir abwendete, da sich zum wiederholten Male  zwischen geschälten Kartoffeln und geputzten Blumenkohl ein Achsschenkelbolzen auf dem Küchentisch hinzugesellt hatte, machte das Schrauben auf der Straße irgendwann keinen Spaß mehr. Ich war es leid, alltäglich die Kabeltrommel aus dem Wohnzimmerfenster herabzulassen oder gar meine Kupplung in unbequemer Arbeitshaltung auf durchnässten Asphalt auszuwechseln. Es war Zeit für eine Veränderung.

Wenig später zog ich mit einigen Mitstreitern in meine erste Werkstatt ein.

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Hajo Woite Juni 13, 2011 um 18:55

“Lustig, lustig. Ja, irgendwie haben wir ja alle diese Geschichten. Sollte man wirklich sammeln – sind schon aus einer anderen Zeit.” LGHJ

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