Sie verstecken sich in dunklen, feuchten Tiefgaragen. Manche hinter den morschen, hölzernen Toren baufälliger Schuppen. Wiederum andere fanden ihre Ruhestätte unter freiem Himmel in der Natur. Sie zieren nun die Vorgärten kleiner Einfamilienhäuser. Längst dem automobilen Alltag entrückt, vor dem Autofriedhof bewahrt, sind die edlen Karossen in der Verborgenheit verschwunden. Irgendwo in der großen Stadt.
Sag mir, wo die alten Lancias ruhen.
Einst rollten Ihre stolzen Besitzer mit ihnen über die Prachtboulevards der Hauptstadt. Mutter fuhr mit ihnen zum Einkaufen, Vater chauffierte die Familie zum sonntäglichen Ausflug an den schönen Wannsee. Der Himmel spiegelte sich im glänzenden Chrom.
Still und leise ist der automobile Frühling gegangen. Der Lack ist matt, der Chrom ist stumpf. Moos hat verrostetes Blech, Glas und Zierrat zu seiner neuen Heimat erkoren. Hier und da legt sich dicker Staub wie schützende Patina über die Schatten der Vergangenheit.
Der Reiz vergänglicher Jugend regt das Kopfkino an. Den Motor nach Jahren der Schweigsamkeit wieder zum Laufen zu bringen, das alte Schätzchen vom Staub befreien oder sogar vollständig restaurieren – der Gedanke die alte italienische Schönheit in der Zukunft wieder einmal durch den Sommer zu lenken weckt Emotionen.
Ob Lancia Flamina 3c, Flavia Coupe oder Fulvia Berlina GT: Manche verharren beständig in ihrem Dämmerschlaf, etliche dienen nur noch als Ersatzteilspender. Einige der prächtigen Automobile aber werden aus ihrem Dornrösschenschlaf erwachen. Wieder zum Leben erweckt, rollen sie in neuem Glanz auf die Strasse zurück.
In der Zwischenzeit führen uns diejenigen, die sie bewahren, auf eine Zeitreise. Leidenschaftlich erzählen sie Geschichten von Reisen an die malerische Küste von Venetien, in die „Ewige Stadt“ oder ihrer Suche nach den Spuren der berühmten Targa Florio im heißen Sizilien. Sie anekdotisieren die kleinen Eigenwilligkeiten ihrer nostalgischen Schätze, berichten vielleicht auch von Pech und Pannen, die sie erlebten.
Benzingespräche, irgendwo in der großen »automobilen Schatzkammer« Berlin.
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Immer wieder eine Freude, die gefühlvollen Zeilen zu lesen.
Weiter so Micha
Na ja, Winterzeit ist auch die Zeit, die Arbeiten durchzuführen, zu denen man während der Saison nicht kommt. Also steht eine noch zu ermittelnde Zahl von “Diven” in Werkstattgaragen und genießt einer Kur gleich die Behandlungen gegen die üblichen Zipperleins des fortgeschrittenen Alters (scusi, bei einer Diva spricht man nicht vom Alter). Je nach Erfolg der Behandlung geht es dann nach der Kur zur “Nachkur” in die Garage, gut durchlüftet, während die Kraftprotze unter den Coupés sich auf die Winterzeit freuen und im Stile des Sandro Munari durch die französischen Seealpen eilen – oder jede andere nähere winterliche Straße macht auch Spaß. Das ist dann die Philosophie des jeweiligen Besitzers. Beide Fraktionen freuen sich auf das bevorstehende Frühjahr, wo die individuellen Pretiosen sich dann wieder auf Ausfahrten – auch zum Nürburgring – freuen. Die Fahrer übrigens haben auch ein kleines entspanntes Schmunzeln im Gesicht.
Dein Artikel hat mich wieder begeistert.
Henrik.