KlassikAuto Berlin

Geschichten aus einer Oldtimergarage und dem historischen Motorsport



Blut, Schweiß und Tränen -
Kapitel 1: »Heiliges Blech«, Teil 2

von M.Pohle am 16. Dezember 2011

Geduld ist eine Tugend- oder: Der Weg ist das Ziel. Diese zwei bekannten Redensarten konnte ich durchaus auf die Blechrestauration meines Rover P4 anwenden.

Wenn alles getan ist!

Während die Generalüberholung des Motors, die Aufarbeitung der Holzteile und anderer Komponenten meiner »Auntie« zu schnellen Erfolgserlebnissen führte, stellte sich dies beim Blechkleid anders dar. Im Nachhinein betrachtet, möchte ich trotzdem nicht sagen, dass die Karosserie übermässig stark vom Rost befallen war. Schließlich habe ich schon Oldtimerkarosserien wieder zum Leben erweckt, von denen man vermuten konnte, dass sie 20 Jahre ihres Daseins auf dem Grunde eines Sees gelegen haben. Dennoch beanspruchten die Blechstrukturen meiner alten Dame weit mehr Arbeitsstunden, als ich zu Beginn der Restauration eingeplant hatte. Was wohl auch daran lag, das mein persönlicher Anspruch an die Qualität sein Übriges beitrug.

Kotflügel, Frontbleche und vieles mehr lagen aufgearbeitet im Lager. Der vordere Teil der Rohkarosse war fertig geschweißt. Endlich hatte ich ein wenig Zeit mich in einer schöpferischen Pause an einem Glas Whiskey und dem guten Geschmack einer Pfeife zu erfreuen. Kraft tanken für den zweiten Akt. Schließlich stand noch die Instandsetzung des Heckbereiches der Rohkarosse bevor. Und die hatte es in sich!

Sündenphul

In der Vergangenheit hatte der Rover einen Heckschaden erlitten. Nachdem der Unterbodenschutz in den Radhäusern und der Lack vom linken Seitenteil entfernt waren, traten die Sünden vergangener Tage deutlich zum Vorschein. Das Radhaus war durch kunstvoll übereinander geschweißte Aufsatzbleche, das Seitenteil durch dicke Schichten verschiedener Spachtelsorten wieder in Form gebracht worden. Der 3mm starke Haltewinkel, an dem die Karosserie am Rahmen verschraubt wird, war verzogen, die ursprüngliche Aluminium-Kofferraumklappe gegen eine Stahlausführung getauscht. Jedes vorhandene Blechteil im hinteren Bereich war durch den Unfall in Mitleidenschaft gezogen. Zudem wurde die unprofessionelle Instandsetzung ausgeführt, ohne den Karosserieaufbau vom Rahmen getrennt zu haben.

Hinteres Trittbrett

Nachdem ich das alte Seitenteil herausgetrennt hatte, fertigte ich jedoch zuvor ein neues Trittbrett und eine Scharniersäuleaufnahme für die linke Seite an. Somit stellte ich sicher, dass ich später korrekte Aufnahmepunkte für die jungfräulichen Radhausschalen und das neue Seitenteil hatte. Wie schon die vorderen Trittbretter zuvor, fertigte ich auch die hinteren Einstiege aus verstärktem Blechmaterial nach.

Endspitze

Radhaus

Anschließend konnte ich mit dem Richten des Hecks beginnen. Bevor nach einem Unfall neue Blechteile angepasst und eingeschweißt werden können, muss zuerst immer eine Rückverformung des gestauchten Unfallbereiches erfolgen. So brachte ich mit Hilfe eines Richtwinkels und der Hydraulikpresse das verzogene Kofferraumbodenblech wieder auf das vorgeschriebene Längen- und Höhenmaß. Eine neu angefertigte Endspitze und die sich darunter befindliche neue Rahmenaufnahme sorgten für erste Stabilität. Nun konnten die neuen Radhäuser angepasst werden.

»Neues« Seitenteil

Nachdem ich dies zu meiner Zufriedenheit erledigt hatte, passte ich das »neue« Seitenteil ein. Dafür hatte ich extra ein Schlachtfahrzeug gekauft und die Seitenwand fein säuberlich heraus getrennt. Im Gegensatz zum Rest des Teilespenders verfügte es über eine sehr gesunde Substanz und musste nur an einer kleinen Ecke mit einem Reparaturblech geschweißt werden.

»Innereien«

Das Gehäuse zur Aufnahme von Tankdeckel und Tankstutzen waren anschließend schnell umgeschweißt. Auch die Neuanfertigung eines Schutzbleches für die Rückleuchten bereitete keine Probleme. Abschließend konstruierte ich mit Hilfe eines Stauch- und Streckgerätes eine Leiste, die am Seitenteil als Aufnahme für die Dichtung des Kofferraumdeckels dient.

Das rechte Seitenteil war ebenfalls beschädigt. Allerdings rechtfertigte der Umfang des Schadens keinen kompletten Austausch der Seitenwand. Ich setzte die Sektion partiell instand und schweißte ein Teilersatzstück stumpf auf Stoss ein. Selbstverständlich verzinnte ich die autogen geschweißte Naht später.

Ist das Blech gesund, freut sich der Mensch

Obwohl am Abschluss vom Kofferraumbodenblech ein Querträger im Heckbereich für Stabilität sorgen soll, verwand sich die Pontonkarosserie sehr stark. 9 mm betrug die seitliche Verdrehung. Also setzte ich die Rohkarosse vom Hilfsgestell wieder auf den originalen Fahrzeugrahmen vom Tantchen, bevor ich die angepassten Radhäuser, das Seitenteil und das Schließblech für den Kofferraumdeckel in ihrer später endgültigen Position mit der Punktschweißzange verschweißte. Damit war auch ein korrektes Spaltmaß der Kofferraumklappe gewährleistet, die nun wieder aus Aluminium ist. Die wenigen Beulen im Alu- Deckel waren schnell beseitigt.

... zum perfekten Ergebnis

Vom Entwurf...

Einen langen Winter nahm die Instandsetzung der Heckpartie in Anspruch. Ich dengelte, bog Bleche, baute Formwerkzeuge, schweißte und stieß so manchen deftigen Fluch aus, deren Wortlaut ich an dieser Stelle besser nicht wiederhole. Obwohl die letzten zwei noch fehlenden Bleche für wenige britische Pfund als Neuteile erhältlich gewesen wären, baute ich diese mit geschundenen Händen auch noch nach. Es machte einfach Spaß! Damit waren die Karosserierestaurationsarbeiten an meinem Tantchen abgeschlossen und ich konnte mich den Vorarbeiten für die Neulackierung der Blechhaut zuwenden.

Fortsetzung folgt…

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